Europa

Entschließung des Europäischen Parlaments: Ein "toter Buchstabe" oder neuer Druck auf Serbien?

Teile des EU-Parlaments befürchten eine zu große Einflussnahme Chinas in Serbien und auf dem Westbalkan. Zudem äußerten sie Kritik an den Arbeitsbedingungen vietnamesischer Arbeiter in Serbien beim Bau einer chinesischen Reifenfabrik.
Entschließung des Europäischen Parlaments: Ein "toter Buchstabe" oder neuer Druck auf Serbien?Quelle: www.globallookpress.com © Winfried Rothermel

eine Analyse von Marinko Učur

"Die chinesische Seidenstraße darf kein Weg zur Schande werden", teilten am letzten Donnerstag Abgeordnete des Europäischen Parlaments mit. Zuvor war eine Entschließung zu Serbien erlassen worden, die den Ärger staatlicher Amtsträger Serbiens in Belgrad hervorrief. Serbien soll als EU-Beitrittskandidat die Menschenrechte vietnamesischer Arbeiter verletzt haben, die beim Bau der chinesischen Fabrik Linglong in Serbien beschäftigt sind.


Sprichwörtlich vorsichtig, aber stets reaktionsbereit, bezeichnete Ivica Dačić, der Präsident des serbischen Parlaments, dieses Dokument der Europaparlamentarier als "ein weiteres Beispiel für Heuchelei und Doppelmoral". Dačić meinte, es handele sich um eine absurde Situation, denn "in jenen Tagen, als Serbien im EU-Beitrittsverfahren Cluster 4 eröffnet wurde, womit Serbien für die Reformfortschritte gewürdigt wurde, verabschiedete das Europäische Parlament eine völlig entgegengesetzte Entschließung, die auf falschen Behauptungen einiger Oppositionsparteien und NGOs fußt. Gleichzeitig sind wir in vielen EU-Mitgliedsstaaten Zeugen brutaler Polizeiaktionen."

Die Vorstellung des Entschließungsentwurfs in Straßburg wurde zudem von einer großen Debatte begleitet, die trotz der deutlichen Mehrheit, mit der dieser angenommen wurde, die Widersprüchlichkeit und Verletzlichkeit der gemeinsamen europäischen Politik aufzeigte. Die Lage in Serbien wurde von dem Kroaten Tonino Picula, dem Slowenen Kremen Grošelj und der Deutschen Viola von Cramon-Taubadel verurteilt, während der französische Abgeordnete Thierry Mariani gegen die Verurteilung seine Stimme erhob.

Der Franzose zollte Serbien Anerkennung, weil es "dem Druck der EU und den Bombardements der NATO, um die rechtswidrig erklärte Unabhängigkeit eines Teils seines Territoriums anzuerkennen, nicht nachgegeben hat". Zudem warf Mariani George Soros vor, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen.

"Diese Resolution wird ein toter Buchstabe sein, weil es keine unabhängige Untersuchung gibt", sagte Mariani.

In der Entschließung heißt es, dass "die EU den Einfluss Chinas, aber auch Menschenrechtsverletzungen nicht ignorieren wird". Straßburg zeigte damit, wie sehr Belgrad auf seinem "europäischen Weg" großen Versuchungen ausgesetzt sein wird. Es ist nämlich offensichtlich, dass Serbien zu einem Kollateralschaden des Versuchs der EU wurde, den chinesischen Expansionskurs in die Mitgliedsländer, aber auch in die Kandidatenländer aufzuhalten.

In der Resolution äußern die Abgeordneten ihre Sorge vor wachsender Einflussnahme Chinas in Serbien und auf dem gesamten Westbalkan und fordern Serbien auf, "seine rechtlichen Normen für chinesische Geschäftsaktivitäten zu stärken". Arbeits- und Umweltgesetze in Serbien sollten für chinesische Unternehmen gleich gelten.

Zuvor hatten führende serbische Politiker auf diese Behauptungen reagiert, dass vietnamesische Arbeiter, die beim Bau der großen chinesischen Fabrik Linglong beschäftigt sind, unter unmenschlichen Bedingungen lebten. Sie hatten Inspektionsteams geschickt, um die tatsächliche Lage vor Ort zu überprüfen. Zugleich war angeordnet worden, vietnamesische Arbeiter an einen anderen Ort mit besseren Unterkünften und Hygienebedingungen umzusiedeln.

Es ist klar, dass jeder, der in Serbien Geschäfte macht, die geltenden serbischen Rechtsvorschriften einhalten muss, aber diejenigen, die diesem Problem folgen, verweisen auf andere Motive der Kritiker aus Straßburg und Brüssel. Indem sie Serbien belehren, wenden sich die Abgeordneten eigentlich an China und seine verstärkte Investitionskampagne in fast allen Ländern des Westbalkans.

Dies erkannte auch die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabić, die "die Möglichkeit nicht ausschließt, dass die Attacken auf die Fabrik Linglong gegen chinesische Investitionen organisiert wurden". Serbien müsse für den Teil, für den es auf den ersten Blick nicht zuständig ist, einen hohen Preis zahlen.

Der Staat hatte nämlich 500 Vietnamesen, deren Arbeitgeber ein chinesischer Bauherr ist, legale Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen erteilt und sie genauso wie alle Ausländer verpflichtet, serbische Rechtsvorschriften einzuhalten, einschließlich des Arbeitsgesetzes.

Doch das war den Initiatoren der Entschließung offensichtlich nicht genug, unter denen der slowenische Europaabgeordnete Grošelj besonders hervorsticht, der sich fragt, "ob dies bedeutet, dass chinesische Investitionen in Serbien einen rechtlichen Sonderstatus genießen".

Die europäische Berichterstatterin für das Kosovo, von Cramon-Taubadel, die Belgrad als offene Lobbyistin für die Unabhängigkeit des Kosovo betrachtet, ging noch einen Schritt weiter und warf Serbien vor, ein "gefangener Staat mit schlechten Reformergebnissen" zu sein.

Auf die Tatsache, dass 586 Abgeordnete für die Entschließung gestimmt hatten, 53 dagegen gewesen waren und 44 sich der Stimme enthalten hatten, reagierte der Polizeiminister der serbischen Regierung, Aleksandar Vulin. Vulins Abteilung war ebenfalls in der Entschließung erwähnt worden, wegen angeblich übermäßiger Gewaltanwendung gegen Demonstranten und Mitglieder von Umweltbewegungen, die kürzlich an Straßenblockaden teilgenommen hatten.

Dazu erklärte er, dass "Abgeordnete des Europäischen Parlaments ihren Frust an Serbien auslassen wollen, weil sie in ihren Ländern nichts zu sagen haben".

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