Europa

"Ich war schockiert" – Polens Präsident über Merkels Anruf bei Putin wegen Nord Stream 2

Der polnische Präsident sagte, Merkel habe mit ihrem Anruf bei Putin nach der Einigung mit den USA über die Fertigstellung von Nord Stream 2 Feindseligkeit gegenüber Osteuropa gezeigt. Er glaube nicht an die deutschen Argumente bezüglich der Gasimporte aus Russland.
"Ich war schockiert" – Polens Präsident über Merkels Anruf bei Putin wegen Nord Stream 2Quelle: Gettyimages.ru © Dursun Aydemir

Nachdem Deutschland und die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr vereinbart hatten, sich dem Bau von Nord Stream 2 nicht zu widersetzen, rief die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin an. Dies hat der polnische Präsident Andrzej Duda in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesagt. Er fügte hinzu, dass der Schritt ihn schockiert habe. Duda erklärte:

"Ich war schockiert. Es sollte als ein Akt nicht nur der Gleichgültigkeit, sondern sogar der Feindseligkeit gegenüber unserem Teil Europas verstanden werden."

Er betonte, dass das Gespräch zwischen Putin und Merkel am selben Abend stattgefunden habe wie die Unterzeichnung des Abkommens.

Der polnische Präsident sagte auch, dass er Merkels Argumenten, Nord Stream 2 sei nur ein wirtschaftliches Projekt, "nie geglaubt" habe. Ihm zufolge sind die Gasprojekte nun "eine große Anklage" gegen Deutschland. Duda betonte, er mache Merkel seit Jahren darauf aufmerksam, dass Gasprojekte mit Russland Europa schaden, sich als "tödlich für Polen" erweisen und zum "Schlüssel für die russische Dominanz auf dem europäischen Markt" werden würden. Der polnische Präsident fügte hinzu:

"Viele unserer Nachbarn haben [die Nord Stream-Situation] genau so gesehen."

Es handelt sich dabei um ein Abkommen, das die USA und Deutschland im Juli 2021 geschlossen haben. Das Abkommen sah vor, dass sich Berlin für Sanktionen gegen Moskau einsetzt, wenn es den Gastransit als Druckmittel gegen andere Staaten einsetzen würde. Russland durfte die Pipeline ohne zusätzliche US-Sanktionen fertigstellen.

Ein Jahr später, im Juli 2022, bezeichnete der derzeitige Bundeskanzler Olaf Scholz Merkels Russlandpolitik als falsch. Er wies darauf hin, dass nicht die friedliche Existenzpolitik falsch sei, sondern die derzeitige Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas. Deutschland habe nicht die Infrastruktur geschaffen, um die Energieversorgung notfalls wieder aufzubauen, so der Kanzler weiter.

Merkel wies im Juni 2022 darauf hin, dass die Pipeline noch nicht in Betrieb genommen worden war, als die russische Sonderoperation in der Ukraine begann. Zu der Entscheidung für den Bau der Pipeline sagte die ehemalige Bundeskanzlerin, sie glaube "nicht an den Wandel durch Handel, sondern an die Verbindung durch Handel mit der zweitgrößten Atommacht der Welt".

Deutschland hat die Zertifizierung von Nord Stream 2 Ende Februar ausgesetzt. Die Pipeline musste von den europäischen und deutschen Regulierungsbehörden genehmigt werden, bevor sie in Betrieb genommen werden konnte.

Das russische Außenministerium wertete die Entscheidung Berlins als Druckmittel für die Wirtschaft, während der Kreml die Hoffnung äußerte, dass der Zertifizierungsprozess bald fortgesetzt werden kann. Gleichzeitig warnte der stellvertretende Ministerpräsident Russlands Alexander Nowak, dass Moskau als Vergeltung den Gasstrom durch Nord Stream 1 stoppen könnte.

Die in der Schweiz registrierte Nord Stream 2 AG, die sich im Besitz von Gazprom befindet, könnte bald ein Konkursverfahren einleiten, wie Reuters zuvor berichtet hatte. Der Betreiber von Nord Stream 2 wurde von den USA mit Sanktionen belegt, die unter anderem das Einfrieren seiner Vermögenswerte und seine Isolierung vom US-Dollar-System vorsehen. Sanktionen wurden auch gegen Beamte der Nord Stream 2 AG verhängt. Das Unternehmen habe 106 seiner Angestellten in der Schweiz entlassen und werde Konkurs anmelden, sagte Silvia Thalmann-Gut, die Zuger Volkswirtschaftsdirektorin.

Nord Stream 2 besteht aus zwei Rohrsträngen von etwa 1.200 Kilometer Länge. Ihre Gesamtkapazität beträgt 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Die Bauarbeiten wurden im September 2021 abgeschlossen.

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