Russland

Nachrichtenportal Meduza in Russland zu "unerwünschter Organisation" erklärt

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat das Nachrichtenportal Meduza zu einer "unerwünschten Organisation" erklärt und damit faktisch verboten. Für das Teilen von Artikeln oder Spenden können die Leser in Russland nun strafrechtlich verfolgt werden.
Nachrichtenportal Meduza in Russland zu "unerwünschter Organisation" erklärtQuelle: AFP

Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat am Donnerstag das regierungskritische Nachrichtenportal Meduza (dt.: Qualle) als "unerwünschte Organisation" eingestuft und damit faktisch verboten. Das entsprechende Gesetz wurde im Jahr 2015 verabschiedet. Die Generalstaatsanwaltschaft erhielt das Recht, diesen Status jeder ausländischen oder internationalen Organisation zuzuweisen, deren Aktivitäten "die Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung, die Verteidigungsfähigkeit oder die Sicherheit Russlands" bedrohen.

Die Einstufung kann für Leser Folgen haben, wie die Redaktion mitteilte. Laut russischer Gesetzgebung ist die Teilnahme an Aktivitäten "unerwünschter Organisationen" und die Verbreitung ihrer Inhalte verboten. Bei Verstößen sind zunächst Geldstrafen vorgesehen, bei wiederholten Verstößen auch Freiheitsentzug. Konkret droht etwa eine strafrechtliche Verfolgung für das Teilen von Artikeln in sozialen Netzwerken, Spenden und für Leserkommentare unter Texten. Auch diejenigen, die in einer "unerwünschten Organisation" im Ausland arbeiten, können haftbar gemacht werden.

Die Redaktion erklärte am Donnerstagabend, sie mache sich Sorgen um ihre Leser und Kollegen.

"Wir würden gerne sagen, dass wir keine Angst haben und dass wir auf den neuen Status pfeifen, aber das ist nicht so. Wir haben Angst um unsere Leser. Wir haben Angst um diejenigen, die viele Jahre lang mit Meduza zusammengearbeitet haben. Wir haben Angst um unsere Verwandten und Freunde."

Die Arbeit werde aber fortgesetzt, sagte Galina Timtschenko, Mitbegründerin und Generaldirektorin von Meduza. "Natürlich werden wir alles tun, damit unsere Leser uns lesen können, aber weder ihr Geld, noch ihre Sicherheit, noch ihre Freiheit, noch ihre Nerven riskieren". Die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft sei für die Redaktion nicht überraschend gewesen, fuhr Timtschenko fort. Ihr zufolge sei der Schritt nicht durch eine konkrete Anfrage oder konkrete Inhalte provoziert worden. "Im Großen und Ganzen gibt es nur einen Grund: den Krieg." Die Entscheidung werde nicht vor Gericht angefochten. Mehrere russische Medien und Journalisten äußerten ihr Bedauern über die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft.

Meduza wurde 2014 in Lettland von Journalisten gegründet, die zuvor für die Nachrichtenwebseite Lenta.ru gearbeitet hatten. Seitdem hat sich Meduza zu einer bekannten Nachrichtenplattform auf dem russischen Medienmarkt entwickelt. Im April 2021 wurde sie in das Register der sogenannten ausländischen Agenten aufgenommen, im März 2022 wurde die Webseite in Russland blockiert. Seitdem ist sie für russische Leser nur noch über VPN erreichbar. Ihr Telegram-Kanal hat über 1,2 Millionen Abonnenten und gehört laut dem Dienst tgstat.ru zu den 20 größten Nachrichtenkanälen in russischer Sprache.

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