Europa

Die montenegrinischen Tentakel der Mafia-Organisation Cosa Nostra

Ende des "Cosa Nostra"-Mythos! So beschreiben die meisten italienischen Medien die Festnahme von Matteo Messina Denaro, der Nummer Eins der italienischen Mafia. Denaro, der wegen seiner Gräueltaten den Spitznamen "Diabolik" erhielt, ist der letzte Mafiaboss und einer der meistgesuchten Verbrecher der Welt.
Die montenegrinischen Tentakel der Mafia-Organisation Cosa NostraQuelle: www.globallookpress.com © LaPresse/Keystone Press Agency

Eine Analyse von Marinko Učur

Denaro wurde am vergangenen Montag verhaftet, nachdem ihn die Polizei jahrelang observiert und schließlich in einer Privatklinik im sizilianischen Palermo eine Falle gestellt hatte. Die Festnahme erregte verständlicherweise die Aufmerksamkeit der italienischen Öffentlichkeit, aber auch Unruhe in bestimmten politischen Strukturen des kleinen Balkanstaates Montenegro. Gute Kenner der örtlichen Verhältnisse erinnerten sich sofort an verschiedene Korruptionsaffären, in denen Milo Đukanović, unangefochtener Führer sowie Staats- und Ministerpräsident für mehrere Amtszeiten, erwähnt wird. Seit mehr als 30 Jahren regiert Đukanović souverän dieses Land und wurde mehrfach der Geldwäsche und Korruption internationalen Ausmaßes beschuldigt.

In den letzten 30 Jahren folgte eine Affäre nach der anderen, in denen stets der Name des langlebigsten Herrschers des modernen Europa genannt wird. Die erste große Affäre, die Montenegro erschütterte, war die sogenannte "Tabakaffäre". Im Jahr 2001 erreichten uns Nachrichten aus Bari (Italien) über die Einleitung einer Ermittlung wegen des Verdachts auf Zigarettenschmuggel von Montenegro nach Italien im Zeitraum von 1994 bis 2002.

Die Ermittlungen umfassten 15 Personen, darunter Milo Đukanović, dessen Verfolgung von den italienischen Ermittlern eingestellt wurde, weil er durch staatliche Immunität geschützt war. Die kroatische Wochenzeitung Nacional berichtete einst ausführlich über die Balkan-Tabakmafia, an der Personen von der montenegrinischen Regierungsspitze als Teilnehmer genannt wurden. Der Name von Đukanović wurde im Ermittlungsbericht und im Verlauf des Verfahrens gegen die Mörder des Chefredakteurs der vorgenannten Zeitung, Ivo Pukanić, erwähnt, der am 23. Oktober 2008 in Zagreb ermordet wurde. Es wird angenommen, dass jene Artikel, die Pukanić in seinem Magazin veröffentlichte, und die die Wege der Balkan-Tabakmafia entlarvten, der Anlass für die Mörder und diejenigen waren, die den Mord an dem kroatischen Journalisten angeordnet hatten. Zum Zeitpunkt der Affäre war Montenegro noch Mitglied der Bundesrepublik Jugoslawien (BRJ) bzw. des in der späteren Zeit gebildeten Staatenbundes Serbien und Montenegro (SCG), sodass Đukanović gewissermaßen den Schutz des damaligen Bundesstaates genoss, der 2006 nach dem montenegrinischen Referendum über die Unabhängigkeit nicht mehr funktionierte.

Jahre vergingen, aber es folgten weitere Affären. Die Akteure waren in der Regel immer Personen, die der Regierung von Milo Đukanović und dessen Bruder Aco Đukanović nahestanden, der durch korrupte Handlungen Eigentümer der Ersten Bank von Montenegro wurde. Mit der Unabhängigkeit Montenegros wuchs der Ehrgeiz der Đukanović-Brüder und ihnen nahestehender Personen, und Montenegro wurde zunehmend unter die Lupe der internationalen Öffentlichkeit als eine Brutstätte für Kriminalität, Korruption und Geldwäsche auf internationaler Ebene genommen. Die Öffentlichkeit gewann den Eindruck, dass Đukanović durch die Abspaltung seines Landes von Serbien unter der Schirmherrschaft des Westens neuen "Rückenwind" bekam, um später, als bewährter Partner seiner westlichen Mentoren, trotz des Widerstands der breiteren Öffentlichkeit, ohne Referendum, den Weg in Richtung des NATO-Beitritt beschritten und dieses Ziel 2017 erreicht hat.

Aufgrund der Kooperationsbereitschaft von Đukanović ignorierte der Westen Informationen über die korrupten Angelegenheiten des montenegrinischen Leaders, der inzwischen durch seine zahlreichen antirussischen Stellungnahmen und die von ihm gegen Moskau verhängten Sanktionen auffiel. Die Belohnung dafür war die "Partnerschaft" mit jenen, die ihm helfen, diesen kleinen adriatischen Staat mit seinen knapp 600.000 Einwohnern seit mehr als 30 Jahren souverän zu regieren.

Die montenegrinische Agentur für Korruptionsprävention kündigte einst an, ein Verfahren zur Klärung der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Affäre "Pandora Papers" einzuleiten, in der auch der Präsident von Montenegro Milo Đukanović und sein Sohn Blažo Đukanović wegen der Gründung von Unternehmen in sogenannten Steueroasen und wegen Geldwäsche genannt werden. Natürlich blieb alles bei Ankündigungen und ohne adäquaten juristischen Epilog.

Warum haben die Brüder Đukanović nach der Festnahme des italienischen Gangsters Denaro Grund zur Sorge? Ihre Namen sind in der Akte des Gerichts von Palermo enthalten. Die Đukanovićs stehen in Verbindung mit dem albanischen Ölmagnaten Rezart Taçi, der Millionen für die Bedürfnisse der Mafia-Organisation Cosa Nostra unterschlagen hat. Der Zeuge in diesem Fall erzählte dem Gericht von seinem Gespräch mit Milo Đukanović, in dem Pläne über eine Investition in die Erste Bank von Montenegro, die dem Bruder des Präsidenten, Aco Đukanović, gehört, erwähnt werden. Gespräche, die im Juni 2021 aufgezeichnet wurden, beweisen, dass Taçi in Kontakt mit den Brüdern Đukanović stand. In einem davon sagt er einer unbekannten Person, dass es sich lohnen würde, wenn sie ein Konto bei der "Bank des Präsidenten" eröffnen würde, wobei er auf die Erste Bank von Montenegro andeutete.

In einem im November 2021 veröffentlichten Bericht stellten italienische Ermittler fest, dass über diese Bank eine Geldwäsche in Höhe von 22.340.285 Euro für die Bedürfnisse der Mafia-Organisation Cosa Nostra vollendet wurde. Bis heute gab es in diesem Fall keinen juristischen Epilog, und der montenegrinische Präsident weist Vorwürfe jeglicher Zusammenarbeit mit der italienischen Mafia entschieden zurück.

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Affäre auf die politische Zukunft von Milo Đukanović auswirken wird, dessen Mandat am 20. Mai ausläuft.

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