Missbrauch in der Kirche: Kardinal Marx spricht von "Verrat an der Botschaft Jesu"
Kardinal Reinhard Marx fand bei einem Besuch am Samstag in Garching an der Alz aufgrund von Missbrauchsfällen in der Gemeinde deutliche Worte.
"Dass ein Pfarrer, der des Missbrauchs überführt war, bei Ihnen eingesetzt war, ist eine Katastrophe und ich entschuldige mich. Das System Kirche hat versagt", sagte Marx laut Mitteilung des Erzbistums nach Gesprächen in einer gemeinsamen Andacht mit Gemeindevertretern. "Auch persönlich bitte ich um Entschuldigung; auch nach 2010 hätte vieles besser laufen können."
Man wisse heute, "dass auch Missbrauch geschehen ist, dass der Pfarrer, der hier tätig war, ein Missbrauchstäter gewesen ist", sagte Marx danach in einer Pressekonferenz. "Das ist Verrat an der Botschaft Jesu und es ist ein Versagen der Institution, für die ich um Entschuldigung bitte."
Ein wegen sexuellen Missbrauchs verurteilter Priester war rund 20 Jahre im oberbayerischen Garching tätig gewesen, obwohl er zuvor andernorts Kinder missbraucht hatte und dafür auch verurteilt worden war. Nach Angaben des Bistums wurde er nach seiner Versetzung nach Garching wieder rückfällig. Drei Betroffene hätten sich gemeldet, die dem Mann vorwerfen, sie missbraucht zu haben. Die Vorfälle ereigneten sich, bevor Marx zuständiger Bischof war, doch entschuldigte dieser sich:
"Für dieses Versagen bitte ich um Entschuldigung. Wir haben wahrscheinlich etwas unterschätzt, was an Spannungen und Verwundung und Verletzungen da ist."
Er wisse inzwischen, "dass Aufarbeitung eine lange Geschichte ist und Viele das unterschätzen". Möglicherweise seien die bislang bekannt gewordenen Fälle nur die Spitze des Eisbergs. "Ich kann Sie nur alle bitten, aufmerksam zu sein, zu hören: Gibt es noch andere Opfer, gibt es noch Menschen, die ihre Geschichte erzählen wollen?", sagte der Kardinal.
Der Garchinger Fall soll laut Marx in dem für dieses Jahr noch erwarteten Gutachten zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum aufgearbeitet werden – wie andere Fälle, auch solche aus seiner Zeit als Erzbischof.
"Ich habe jetzt keinen konkreten Punkt, wo ich sage, da habe ich jetzt was vertuscht", sagte Marx. Aber: "Ich kann doch von mir nicht behaupten, ich hätte immer alles ganz genau gewusst." Manchmal habe er womöglich nicht genau genug hingeschaut. "Hätte ich mich nicht anstrengen müssen, mehr zu wissen?", fragte er. "Das empfinde ich als Schuld."
Mit seinem Rücktrittsgesuch, das Papst Franziskus vor einigen Wochen abgelehnt hat, habe er institutionelle, aber auch ganz persönliche Verantwortung übernehmen wollen. "Das Rücktrittsgesuch war umfassend gemeint", betonte Marx. "Ich bin ja kein Roboter. Ich stehe ja als Person dafür, auch mit meinen Fehlern."
Die Kirche müsse aus dem Skandal lernen, forderte er mit Blick auf den Reformprozess "Synodaler Weg": "Wenn der Schock nicht zu einer Reform führt, dann weiß ich nicht, wie groß der Schock sein muss."
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(dpa/rt)
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