Gesellschaft

Fußball-WM in Katar: Französischer Mannschaftskapitän Lloris will keine "One Love"-Binde tragen

Noch vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar am Wochenende gibt es seit Wochen Kontroversen um die sogenannten "One Love"-Binden, die die Kapitäne der Nationalmannschaften tragen sollen. Die aktuelle Debatte steht exemplarisch für die identitätspolitische Agenda.
Fußball-WM in Katar: Französischer Mannschaftskapitän Lloris will keine "One Love"-Binde tragenQuelle: www.globallookpress.com © Panoramic/Keystone Press Agency

Ein Stück Stoff sorgt im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar für eine Kontroverse. Die Mannschaften aus acht Ländern haben beschlossen, dass ihre jeweiligen Kapitäne die "One Love"-Binde während der Spiele in Katar tragen sollen. Dazu zählen neben dem deutschen DFB die Fußballverbände von England, den Niederlanden, Belgien, der Schweiz, Dänemark und Frankreich sowie Wales.

Zuvor hatte die FIFA Dänemark verboten, auch nur während des Trainings in Katar T-Shirts mit dem aufgedruckten Slogan "Menschenrechte für alle" zu tragen. Noch sei offen, wie die FIFA mit den "One Love"-Binden umgehen wird, heißt es. Politische Botschaften auf der Sportbekleidung sind nach den allgemeinen Fußballregeln verboten – selbst auf der Unterwäsche.

Die weiße Binde trägt die Aufschrift "One Love", wobei zwischen den beiden Worten ein Herz zu sehen ist, das von fünf farbigen und einem schwarzen Streifen ausgefüllt ist. In der Mitte prangt die weiße Ziffer "1". Dieses Zeichen für die "eine Liebe" sei laut DFB dazu gedacht, "ein Zeichen gegen Diskriminierung und für Vielfalt zu setzen." Kritisiert wurde das Design dennoch, da es nicht der bekannten Regenbogensymbolik entspricht.

Pragmatische Rücksichtnahme jenseits des Rheins

Während der deutsche Spielführer Manuel Neuer mit Rückendeckung des Deutschen Fußballbundes vorhat, in Katar mit der Binde am Arm zu spielen, hat sich der Kapitän der französischen Nationalmannschaft wohl gegen die "woke" Symbolik entschieden. Dies berichtet die Welt, die den Spieler mit folgender Aussage zitiert:

"So wie wir oft wollen, dass sich Fremde an unsere Regeln halten und unsere Kultur respektieren, werde ich dasselbe machen, wenn ich nach Katar gehe. Ziemlich einfach."

Lloris, der Torwart bei "Tottenham Hotspur" ist, unterstrich zwar, dass er zwar keine Sympathien für die moralischen Vorstellungen in Katar habe, doch als Gast das fremde Wertesystem respektieren müsse:

"Also kann ich mit ihren Ideen einverstanden sein oder nicht, aber ich muss dafür Respekt zeigen."

Die Welt nennt die Einstellung des Franzosen etwas pikiert "Respekt für eine intolerante Geisteshaltung".

Deutsche Vortrefflichkeit

Offenkundig zustimmend unterstreicht die Zeitung, dass der deutsche Kapitän von derlei Skrupeln frei ist und die deutsche Mannschaft – nicht als einzige – dem internationalen Publikum durch das Tragen der Armbinden eine moralische Lehre erteilen und die eigene politische Korrektheit demonstrieren will:

"Das starke Zeichen ist schon mal, dass wir nicht die einzige Nation sind, die diese One-Love-Binde trägt."

Oliver Bierhoff, der Geschäftsführer der deutschen Nationalelf, erklärte dazu gegenüber der Bild:

"Wir wollten gemeinsam mit anderen Nationen ein Zeichen setzen, um geschlossen aufzutreten. Mit dieser Binde umfassen wir mehr als LGBTQ."

Die Debatte um die Armbinden, die auf eine niederländische Initiative zurückgehen, hat durch die Äußerungen des katarischen "WM-Botschafters" und früheren Fußball-Nationalspielers Khalid Salman zusätzlichen Auftrieb bekommen, als er im Interview mit dem ZDF Homosexualität als "geistigen Schaden" und "haram" – also als Tabu oder verboten – bezeichnete. Manuel Neuer reagierte darauf unter anderem mit der Bemerkung, die Aussagen des katarischen WM-Botschafters würden "keineswegs in unser Weltbild, was wir haben", passen. Neuer weiter: "Das ist inakzeptabel und sehr traurig, so was zu hören."

Kritik an der Armbinde äußerte im SWR auch der "ARD-WM-Experte" Thomas Hitzlsperger – allerdings mit umgekehrter Stoßrichtung, weil das neue Design zu uneindeutig sei:

"Beim Regenbogen-Symbol weiß man, was es bedeutet. Man weiß auch, dass es die Katarer als Provokation empfinden und daher wäre es ein sehr starkes Symbol gewesen. Man hat sie ersetzt – und jetzt merke ich keine Reaktion. Das heißt, das ganze wird verwässert."

Afrika hat andere Sorgen

Dagegen, so die Welt, habe der ehemalige Bundesligaspieler und heutige Nationaltrainer von Ghana, Otto Addo, den europäischen Fußballverbänden und insbesondere Deutschland Doppelmoral vorgeworfen:

"Ich finde es extrem wichtig, dass die Missstände in Katar angesprochen werden, insbesondere wenn Menschen sterben."

Hinter der "One Love"-Armbinde stehe eine eurozentrische Perspektive, die sich Katar überlegen wähnt. Die EU trage hingegen die Verantwortung dafür, dass jeden Tag Menschen bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, sterben. "Und sie flüchten aus wirtschaftlichen Gründen, die wir mitverursachen und in der Historie mitverursacht haben." Statt moralischer Belehrung gegenüber Katar solle man in der EU besser "vor der eigenen Haustür kehren" und etwas gegen den täglichen Tod Tausender Afrikaner tun, die an Hunger sterben.

Mehr zum Thema - Deutschland verweigert russischem Paralympics-Chef Visum

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.