Deutschland

"Alles ist drin" bei den Grünen – sogar Beschaffung von Killer-Drohnen

Am Freitag startet der Parteitag der Grünen. Neben "zentralen" Fragen für den Klimaschutz wie nach der Höhe des "CO2-Preises" stehen auch weniger umweltfreundliche Themen zur Debatte. Denn es liegen auch Anträge zugunsten bewaffneter Kampfdrohnen vor.
"Alles ist drin" bei den Grünen –  sogar Beschaffung von Killer-DrohnenQuelle: www.globallookpress.com © imago stock&people

Die Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will im Falle eines Wahlsiegs der Unionsparteien im September die Bewaffnung von Drohnen als klares Ziel einer künftigen Koalition festschreiben, wie sie bereits im April der Zeitschrift Internationale Politik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sagte.

Dabei stellte Kramp-Karrenbauer die nach wie vor hochumstrittene Bewaffnung von Drohnen als bereits "ausdiskutiert" und "entscheidungsreif" dar. Die CDU hatte sie ebenso wie zuvor die Anschaffung von Drohnen maßgeblich und auf eine auch den Koalitionspartner brüskierende Weise, teils ohne Absprachen, vorangetrieben.  Folglich müssten alle anderen Parteien dies mittragen:

"Die SPD sollte endlich Farbe bekennen; das gilt auch für die Grünen, die sich da gerade etwas hinter der SPD verstecken."

Und tatsächlich wurde das Thema nun bei den Grünen wieder aufgegriffen. Nachdem die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen die Regierung noch im Dezember letzten Jahres ermahnte, vom "Einsatz bewaffneter Drohnen abzusehen," wird der eigene Umgang damit nun erneut zur Debatte gestellt.

Der Titel des Wahlprogramms der Partei lautet passenderweise: "Grüne. Alles ist drin.", auch wenn dieses kontroverse Thema darin bislang noch ausgeklammert blieb. Doch vor dem am Freitag beginnenden Parteitag hatten einige Parteimitglieder einem Bericht der taz zufolge in mehreren Anträgen gefordert, dass sich die Grünen auch in ihrem Wahlprogramm für bewaffnete Drohnen öffnen sollten. Allerdings sehen andere Anträge noch immer ein klares Nein zur Drohnenbewaffnung auch in der Zukunft vor, unter anderem von Basismitgliedern sowie von den Bundestagsabgeordneten Katja Keul und Agnieszka Brugger, die auf die damit einhergehenden Gefahren hinweisen: "Der Einsatz bewaffneter Drohnen hat dazu beigetragen, ganze Regionen zu destabilisieren und Konflikte zu eskalieren". Die Schutzwirkung der Drohnen für Sol­da­ten sei im Vergleich zu herkömmlichen Mitteln gering, unter dem Strich überwiege vielmehr das Risiko.

Dazwischen gibt es dann auch noch die Forderung nach einer "geregelten" Bewaffnung. So wird in einem Antrag der "Schutz vor Hinterhalten" gefordert, zu welchem bewaffnete Drohnen einen guten Beitrag leisten könnten. Zu dem Zweck solle der Einsatz unter bestimmten Bedingungen möglich sein. Beispielsweise sollte jedes Mal (sic!) der Bundestag informiert werden, wenn eine Drohne eine Rakete abschießt.

Doch bereits im vergangenen Jahr habe sich laut dem Bundestagsabgeordneten Tobias Pflüger (Die Linke) der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen Tobias Lindner "heftig beschwert", dass die Bewaffnung der Drohnen "doch entscheidungsreif sei und die SPD das jetzt doch entscheiden soll". Der Grünen-Co-Vorsitzende Habeck hätte dann "fast schon entschuldigend" bekundet, dass man doch gegen die Bewaffnung der Drohnen sei, kritisierte Pflüger.

Auf dem für drei Tage geplanten digitalen Parteitag werden 800 Delegierte also nicht nur Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin zu bestätigen haben und sich mit den Themen Klimaschutz inklusive Tempolimits und CO2-Preisen befassen, sondern auch mit der Frage nach der Bewaffnung von Kampfdrohnen, welche bisher im Parteiprogramms keine Erwähnung fand. In der Oppositionsrolle schien die Haltung der Partei bisher noch lange eindeutig.

Doch es wäre nicht die erste Position früherer friedenspolitischer Grundsätze, welche die Grünen nun zugunsten des Machtanspruchs oder womöglich auch infolge eines Wandels durch neue Mitglieder fallengelassen wird.  So wird längst auch die früher klare Forderung nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland von Teilen der Grünen infrage gestellt.

Erst jüngst hat sich Grünen-Chef Robert Habeck im Mai – kurz vor einem Besuch an der Frontlinie in der Ostukraine in voller Kampfmontur –  sogar für die Lieferung von Waffen in die Ukraine ausgesprochen. Obwohl dies nicht nur der bisherigen Parteilinie widerspricht, sondern auch den deutschen Rüstungsexportregeln, wonach gar keine Waffen – und dazu zählen potenziell auch die von Habeck als "defensiv" deklarierten Güter – in Krisengebiete exportiert werden dürfen.

Zuvor deklarierte Habeck als Voraussetzung einer eventuellen "Regierungsfähigkeit" für Die Linke  als Koalitionspartner  ein vorbehaltloses Bekenntnis zum Militärbündnis NATO. Die Linken-Chefin Janine Wissler bezeichnete es als "bemerkenswert", dass "ausgerechnet der Vorsitzende der Grünen, die sich mal als Friedenspartei gegründet hatten, ein Bekenntnis zum Kriegsbündnis NATO fordert".

Derweil hat der jüngste Entschluss der Jusos in Baden-Württemberg zugunsten des Einsatzes bewaffneter Drohnen sehr gemischte Reaktionen hervorgerufen.

Von Wolfgang Ischinger kam Zustimmung – wie zu erwarten von ihm als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, die von Kritikern ohnehin als NATO- und Rüstungslobbyveranstaltung eingestuft wird. Dagegen löste das lapidar-befürwortende "Stabil" von Siemtje Möller (SPD), deren Wahlkreis in Niedersachsen auch Standort großer Bundeswehreinrichtungen ist, einen umso heftigeren Shitstorm los.

Sicherheitsexperten und internationale Menschenrechtler sowie auch einige Veteranen hingegen warnen vor dem Einsatz bewaffneter Drohnen. Während der US Air Force-Veteran Cian Westmoreland erklärt, warum die Sicherheit der Soldaten durch bewaffnete Drohnen sogar verringert werden kann, verweisen einige Terrorismusforscher auf die Gefahr, dass die Bevölkerung von Staaten, deren Streitkräfte mit Drohnen Krieg führen, in das Visier von militanten Gruppen geraten könnte, die Racheakte verüben.

Laut dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) ist der bisherige Einsatz von Kampfdrohnen in bewaffneten Konflikten in vielen Fällen völkerrechtswidrig. Statt durch UN-Mandat genehmigt, werden solche Einsätze, die aufgrund der schwierigen Unterscheidung von Kombattanten und Nicht-Kombattanten hohe zivile Opferzahlen mit sich bringen, demnach oft mit einem überdehnten Verständnis des legitimen Rechtes auf Selbstverteidigung begründet.

Trotz der Corona-Pandemie brachten zu den Ostermärschen wiederum viele Menschen an mehreren Orten in Deutschland ihre Ablehnung gegen derartige Rüstungsprojekte zum Ausdruck. Neben Friedensgruppen, Mitgliedern verschiedener Parteien sowie kirchlichen Gruppen gingen auch die Klima-Aktivisten von Fridays for Future gegen den Einsatz von Kampfdrohnen auf die Straßen. Laut der Moderatorin der Berliner Friedenskoordination, Laura von Wimmersperg, ist bekanntlich nach wie vor jeder Krieg "der größte Klimakiller." Und sowohl die Bewaffnung wie auch der Einsatz von jeglichen Kampfdrohnen sind wohl ebenfalls kaum dem Umweltschutz und der "Klimarettung" zuzurechnen.

Mehr zum Thema - Grüne-Spitzenpolitiker weisen Habecks Vorstoß für Waffenlieferung an Bürgerkriegsland Ukraine zurück

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