Deutschland

Medienbericht: Amtsärzte zweifeln RKI-Impfziel an und fordern Rücknahme der Corona-Maßnahmen

Bundesdeutsche Amtsärzte üben laut einem Zeitungsbericht deutliche Kritik an der aktuellen Corona-Politik. Danach wenden sie sich gegen unrealistische Impfquoten, die vorgegeben werden. Zugleich fordern sie eine Rückkehr zur Normalität – und die Aufarbeitung der Pandemie-Folgen.
Medienbericht: Amtsärzte zweifeln RKI-Impfziel an und fordern Rücknahme der Corona-MaßnahmenQuelle: www.globallookpress.com © Christoph Soeder/dpa

Amtsärzte kritisieren die Corona-Politik und bezeichnen das vom Robert-Koch-Institut ausgegebene Ziel der sogenannten Impfquote von mindestens 80 Prozent als "illusorisch". Das berichtet die Tageszeitung Die Welt in ihrer Onlineausgabe am Donnerstag.  Danach wird gefordert, die Kontaktnachverfolgung von positiv auf Sars-Cov-2 getesteten Menschen zu reduzieren und sich stattdessen um die Folgen der Pandemie bei den Kindern zu kümmern.

Welt online zitiert den Leiter des Gesundheitsamtes Berlin-Neukölln, Nicolai Savaskan, der es für "unwahrscheinlich" hält, dass sich noch mehr Menschen impfen lassen. Das Impfen lasse sich nicht mehr ausweiten, nachdem alle möglichen entsprechenden Angebote gemacht worden seien.

Laut der Zeitung sind ebenso Amtsärzte in anderen Teilen der Bundesrepublik der Meinung, dass sich die aktuelle offizielle "Impfquote" von 66 Prozent kaum noch steigern lässt. Das RKI-Impfziel werde damit ''illusorisch'', wird Savaskan zitiert. Er fordere von der Politik einen Exit-Plan – "und einen Strategiewechsel bei der Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter".

Rückkehr zu eigentlichen Aufgaben

Aus Sicht des Neuköllner Arztes reicht eine Quote von 70 Prozent, da die eigentliche Immunität in der Bevölkerung "deutlich höher" sei. Grundlage seien die bisher verabreichten Impfungen und die Zahl derer, die die Krankheit COVID-19 überstanden haben. "Wir liegen kurz vor einer Immunität von 80 Prozent, die uns erlaubt, die Kontaktnachverfolgung nur noch bei vulnerablen Gruppen sowie medizinischen Einrichtungen wie Pflegeheimen und Kliniken durchzuführen'', so der Arzt laut Welt online.

Die laut Weltgesundheitsorganisation WHO durch das Virus Sars-Cov-2 ausgelöste Krankheit COVID-19 werde derzeit auch dank besserer Therapien ''zu einer gesellschaftlich kontrollierbaren Infektionserkrankung. Maskenpflicht und Abstandsregeln könnten dann ebenfalls fallen.'' Der Zeitung zufolge unterstützt Ute Teichert, Bundesvorsitzende des Verbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, ihren Berliner Kollegen.

Teichert spricht sich demnach dafür aus, nur noch bei Ungeimpften im Fall eines positiven Testergebnisses die Kontakte nachzuverfolgen. Das verringere den Arbeitsaufwand der überlasteten Gesundheitsämter. Später könne das auf gefährdete Gruppen und Ausbruchscluster reduziert werden.

Die Ämter müssten sich endlich wieder um ihre eigentlichen Aufgaben kümmern können, "die seit anderthalb Jahren brachliegen'', so Teichert laut Welt online. Dazu gehören die Krankenhaushygiene, also die Kontrolle medizinischer Einrichtungen, die Trinkwasserkontrolle sowie der kinder- und jugendärztliche Dienst.

"Dramatische Schäden bei Kindern und Jugendlichen"

Die Zeitung zitiert ebenso Frank Renken, Leiter des Gesundheitsamts in Dortmund, der das ähnlich sieht:

''Wir müssen an den Punkt kommen, an dem nicht mehr der Staat über die Gesundheitsämter die Bevölkerung schützt, sondern wieder jeder Mensch diese Verantwortung selbst trägt.''

Er spricht sich dafür aus, die Maskenpflicht und die Abstandsregeln abzuschaffen. Die "3G"-Regel könne bei öffentlichen Veranstaltungen übergangsweise bis zum Jahresende beibehalten werden.

Der Dortmunder Amtsarzt betont gegenüber dem Blatt, dass in Folge der Corona-Krise "bei vielen Kindern und Jugendlichen dramatische Schäden angerichtet" worden seien. Er nennt dabei vor allem die Folgen der von der Politik beschlossenen Einschränkungen wie geschlossene Schulen und Kontaktverbote. Wenn der Corona-Ausnahmezustand vorbei ist, müssten die Folgen aufgearbeitet werden.

"Komplette Öffnung wie in Dänemark und Großbritannien"

Welt online zitierte weitere Amtsärzte, die ähnliche Aussagen treffen. So sagt Christian Stiehler, Leiter des Gesundheitsamts im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen:

''Die Leute haben das Weiter-so der Politik satt, wir brauchen jetzt ein klares Ausstiegsszenario.''

Er schlägt "eine komplette Öffnung" vor, "nach dem Vorbild von Dänemark und Großbritannien''.

Der Berliner Amtsarzt Savaskan macht laut der Zeitung darauf aufmerksam, die Politik unterstütze vielerorts die Gesundheitsämter nicht, wenn diese zu ihren eigentlichen Aufgaben zurückkehren. Das zeige sich unter anderem bei der vernetzten Digitalisierung der Ämter. Diese habe wegen der Pandemie einen Schub bekommen, werde aber durch die rot-rot-grüne Landespolitik nicht weiter finanziert.

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