Deutschland

Impfpflicht fällt durch: Viel Debatte für nichts

Bundestagsdebatte zur Impfpflicht: Keiner der vier vorgeschlagenen Gesetzentwürfe erhielt eine notwendige Mehrheit. Alice Weidel (AfD) erkannte das "Trojanische Pferd", Bundesaußenministerin Annalena Baerbock wurde aus Brüssel eingeflogen und Karl Lauterbach glänzte mit einer unwissenschaftlichen These.
Impfpflicht fällt durch: Viel Debatte für nichtsQuelle: Gettyimages.ru © picture alliance / Kontributor

Am 7. April debattierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über eine gesetzliche Impfpflicht in Deutschland. Zu Beginn der Sitzung konnten Mitglieder der jeweiligen Fraktionen erneut ihre Pro- und Contra-Argumente vortragen. Als einziger ausgearbeiteter Gesetzentwurf lag der Kompromissvorschlag für eine Impfpflicht für Menschen ab dem 60. Lebensjahr vor. Diesbezüglich hatten sich zwei Gruppen von Abgeordneten aus SPD, FDP und Grünen zuvor geeinigt. 

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt warb beginnend für eine generelle Impfpflicht ab 60 Jahren. Wie annähernd alle Redner der SPD und der Grünen ging sie auf die Zahl der Neuinfektionen und weitere tagesaktuelle Statistiken ein. Ihr Fokus lag auf dem Argument der "Vorsorge" für den kommenden Herbst, wobei die vorhandene "Impflücke" nur über den fraktionsübergreifenden Ampel-Vorschlag einer Impfpflicht Über 60 zu gewährleisten sei. Sollte diese nicht beschlossen werden, riet sie heute schon jedem Bürger, "nicht krank zu werden, keinen Unfall zu haben".

Der Abgeordnete Tino Sorge von der CDU gilt als Vorsprecher des CDU-Antrags, dessen Schwerpunkt in der Einführung eines Impfregisters liegt, jedoch eine sofortige Impfpflicht ablehnt. Mit einer stabilen Datengrundlage über den Immunstatus in Deutschland könnte man sicher in den Herbst schauen, ausgehend der zu erwartenden Unkenntnis, welche Virusvariante sich dann zeigen würde.

Alice Weidel von der AfD, der Partei, die als einzige eine Impfpflicht kategorisch ablehnt, attackierte vehement die Regierung und bezeichnete die Pläne als "verfassungsfeindlich". Das Grundgesetz sichere den Menschen im Land ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. Weidel wörtlich:

"Das Grundgesetz hat den Zweck, die Freiheitsrechte der Bürger zu garantieren. Unter diesen wichtigen und grundlegenden Rechten ragt das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hervor."

Eine Impfpflicht würde eine "totalitäre Anmaßung, eine Entwürdigung des Individuums" darstellen. Es gehe nicht um "Wissen, sondern um Verfügungsgewalt", und sie nannte das Beispiel der Lockdown-Regelung, die nachweislich keinerlei positiven Effekt auf die Pandemieereignisse ausübte. Den über die Monate genutzten Begriff "Piks" für die plakativen Regierungs-Impfkampagnen zu nutzen, für die Applikation eines neuartigen mRNA-Wirkstoffs, stelle für sie die "Infantilisierung der Menschen" dar. Zusammenfassend sei ein "unwürdiges Impfgeschacher" politisch praktiziert worden. Dieses sei in ihren Augen "würdelos". Die Ü60-Impfpflicht stelle für Weidel ein "Trojanisches Pferd" dar, da sie am Ende dann doch eine "Impfpflicht für alle" Menschen darstellen würde.

Wolfgang Kubicki von der FDP betonte, dass "Emotionen" in der Debatte überwiegen würden, jedoch eine "Evidenz" wichtiger sei. Es könne keine Herdenimmunität durch eine Impflicht erreicht werden. Der Herbst kann, muss aber nicht kritisch werden, so Kubicki. Ungeimpfte wären nicht schuldig an der Entwicklung der zurückliegenden Wochen. Es hätte keine Überlastung des Gesundheitswesens gegeben. Die bedingte Zulassung der genutzten Impfstoffe würden für den FDP-Abgeordneten weiterhin ein "juristisches Problem" darstellen. Der "Selbstschutzzwang" läge nicht in der Verantwortung der Politik, sei nicht die Aufgabe des Parlaments. Eine Impfpflicht sei rechtlich nicht zu rechtfertigen. Kubicki wörtlich:

"Es ist nicht die Aufgabe des Staates, erwachsene Menschen gegen ihren Willen zum Selbstschutz zu zwingen."

Der Grünen-Abgeordnete Janosch Dahmen berief sich erneut auf seine bekannten Argumente der zurückliegenden Wochen. Die "Freiheit von morgen" könne nur durch den Entwurf einer verbindlichen Impfpflicht ab dem 60. Lebensjahr gesichert werden. Die "Mehrheit der Menschen" in Deutschland würden nach Dahmens Einschätzung eine Impfpflicht unterstützen.

Ein weiterer Abgeordneter der AfD, Martin Sichert, konfrontierte die anwesenden Parteien hinsichtlich individueller Aussagen vor der letzten Bundestagswahl. Nun zeige sich eine vollkommen andere Situation. Es sei daher "Zeit, die Lügen zu beenden", um die Aussage von Kanzler Olaf Scholz zu zitieren: "Wir brauchen keine Impflicht". Sichert bezeichnete Scholz daraufhin als "Lügenkanzler". Dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Spahn warf er vor, behauptet zu haben, dass die "Impfung ordentlich zugelassen" sei. Auch dies würde nicht stimmen aufgrund der weiterhin nur bedingten Zulassung der aktuell genutzten Pharma-Produkte.

Während der persönlichen Ansprache durch den AfD-Abgeordneten war Kanzler Scholz kurzzeitig nicht mehr im Plenarsaal anwesend. Der Grund dafür erklärte sich durch einen Tweet des ZDF-Mitarbeiters Florian Neuhann.

Im Anschluss an seinen Redebeitrag erfolgten durch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zwei ausgesprochene Rügen an Sichert. Zum Einen für die Bezeichnung "Lügen-Kanzler", des Weiteren für die Titulierung der Grünen-Abgeordneten Fester als "Bundestags-Küken". In beiden Fällen hätte für Bas ein "Angriff gegen die Person" vorgelegen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach beeindruckte in der Debatte mit der unwissenschaftlichen Darlegung:

"Omikron ist deshalb eine etwas mildere Variante, weil so viele Menschen schon geimpft sind. Wenn es nicht so wäre, wenn sich alle so verhalten, wie es zum Teil hier vorgetragen wurde, und niemand hätte sich impfen lassen, dann hätten wir jetzt eine lupenreine Katastrophe und wären im völligen Lockdown."

Direkt aus dem Plenarsaal heraus informierte Lauterbach seine Twitter-Follower über den Stand der Debatte:

Im Anschluss an die einzelnen Redebeiträge erfolgte ein Geschäftsordnungsverfahren, bezugnehmend der festzulegenden Reihenfolge der namentlichen Abstimmung zu den einzelnen Anträgen. Die einzelnen namentlichen Abstimmungen aller anwesenden Bundestagsabgeordneten ergaben folgende Ergebnisse:

  • Antrag 1 – Janosch Dahmen (Grüne) / Heike Behrends (SPD), Dieter Janitschek (Grüne) und andere – zusammengeführter Vorschlag (in der Ausschuss-Fassung) – abgegebene Stimmen: 683, ja: 296, nein: 378, Enthaltung: neun
  • Antrag 2 - CDU/CSU Fraktion – "Impfvorsorgegesetz, ein guter Schutz für Deutschland" – abgegebene Stimmen: 678, ja: 172, nein: 497, Enthaltungen: neun = abgelehnt
  • Antrag 3 – Der sogenannte Kubicki-Antrag – "Impfbereitschaft ohne allgemeine Impflicht gegen SARS-CoV-2 erhöhen" – abgegebene Stimmen: 687, ja: 85, nein: 590, enthalten: 12
  • Antrag 4 – AfD – "Keine gesetzliche Impflicht gegen das COVID-19 Virus" – abgegebene Stimmen: 686, ja: 79, nein: 607, enthalten: keine

Damit fand sich für keinen der vier eingereichten Anträge eine notwendige Mehrheit. Dies bedeutet, dass die Impfungen vorerst weiterhin eine freiwillige Entscheidung bleiben. Zudem die sogenannte Hotspot-Regelung als einziges politisches Instrumentarium existiert. Der SPD-Abgeordnete Weingarten äußerte in seiner Enttäuschung eine sehr eigene Wahrnehmung, bezugnehmend der Reaktion der AfD nach Bekanntwerden des Ergebnisses der ersten Abstimmung zu Antrag 1:

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, zeigte sich laut dpa ebenfalls enttäuscht über den Ausgang der Abstimmungen:

"Schlussendlich stehen wir jetzt vor einem Scherbenhaufen, den alle Parteien zu verantworten haben. Es war ein Scheitern mit Ansage. Dass die Gesundheitsämter jetzt noch Arbeitsverbote für ungeimpfte Personen im Gesundheitswesen aussprechen, halte ich für nicht vorstellbar."

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kommentierte in einer ersten Reaktion: "Das ist kein guter Tag für die Pandemiebekämpfung. Impfen bleibt ein zentraler Baustein im Kampf gegen die Pandemie."

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