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Henry Kissinger beim Weltwirtschaftsforum in Davos: Ukraine sollte NATO-Mitglied werden

Henry Kissinger, das sprichwörtliche Urgestein US-amerikanischer Außenpolitik, hat heute auf dem Weltwirtschaftsforum zum Krieg in der Ukraine Stellung genommen. Mit seinem Vortrag wollte der US-Politiker eine "historische Perspektive" eröffnen – tatsächlich kommen seine Vorschläge dem Diktat einer "Pax Americana" gleich.
Henry Kissinger beim Weltwirtschaftsforum in Davos: Ukraine sollte NATO-Mitglied werdenQuelle: AFP © Fabrice COFFRINI / AFP

Der frühere US-amerikanische Nationale Sicherheitsberater und Außenminister Henry Kissinger hat sich per Videoschaltung auf dem diesjährigen Treffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos zu weltpolitischen Fragen in historischer Perspektive geäußert. Von kritischer Selbstreflexion auf die US-geführte Politik des Westens war nichts zu spüren.

Westen stellt Bedingungen

Unter anderem vertrat Kissinger dabei die Auffassung, dass Russland ein 'Amalgam' aus europäischer Kultur und gleichzeitig der Furcht, von Europa dominiert zu werden, gewesen sei – und bis heute ist. Trotz des Krieges in der Ukraine, den Kissinger ebenso wie der westliche Mainstream einordnet und verurteilt, müsse Moskau perspektivisch aber Gelegenheit gegeben werden, wieder in die internationale Gemeinschaft zurückzukehren. Diese internationale Staatengemeinschaft betrachtet Kissinger, der im Mai dieses Jahres seinen hundertsten Geburtstag feiern kann, als im Prinzip identisch mit dem US-geführten NATO-Westen. Die Rückkehr Moskaus in diese Gemeinschaft wäre demnach an Bedingungen zu knüpfen, die in Washington formuliert werden.

Gleichwohl erkennt Kissinger die außerordentliche Machtposition Russlands an – nicht nur rein geografisch, insofern sich die Russische Föderation über elf Zeitzonen erstrecke, sondern auch aufgrund des russischen Nuklearpotenzials. Russland sei ein Staat, der seine eigene Politik verfolgen könne. Allerdings setze Moskau dabei zu sehr auf militärische Stärke.

Damit der Krieg in der Ukraine nicht eskaliere – auch Kissinger befürchtet dessen Entgrenzung über die Ukraine hinaus – sei es notwendig, in einen Dialog mit Moskau zu treten. Allerdings sollten nach Meinung Kissingers die antirussischen Sanktionen auch während eines erneuerten Dialogs mit Moskau aufrechterhalten bleiben, denn sie seien eine Garantie dafür, dass der Krieg nicht eskaliere.

Ukraine in die NATO!

Henry Kissinger brachte seine "Bewunderung" für den ukrainischen Präsidenten und das "heldenhafte Verhalten" der Ukrainer zum Ausdruck. Er betonte, dass er vor dem Februar 2022 gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO gewesen sei, weil dadurch Moskau provoziert worden wäre. Diese Überlegungen scheint Kissinger nun beiseitegelegt zu haben. Die Idee einer neutralen Ukraine habe seit 2022 keine Bedeutung mehr. Stattdessen müsse die NATO die Sicherheit der Ukraine garantieren – und die Mitgliedschaft in der NATO sei eine logische und angemessene Konsequenz des Krieges, sobald er beendet sei.

Die USA stünden seit 1945 mit ihrer Außenpolitik für eine friedlichere Welt ein. Diesen Prinzipien müsse sich auch Moskau unterwerfen. Auch Europa sei für eine Zusammenarbeit mit Russland offen, sobald Moskau die westlichen Anforderungen erfüllen würde.

Von einem Perspektivenwechsel und gleichberechtigten Dialog mit Moskau, gar einem Ernstnehmen der russischen Sicherheitsinteressen, die der zentrale Grund für das militärische Vorgehen Moskaus in der Ukraine sind, konnte in der Rede Kissingers also keine Rede sein. Im Gegenteil, Kissingers Forderung deutet nach der Aufnahme der Ukraine in die NATO auf Eskalation.

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