Meinung

Kein Impfzwang? Die Salamitaktik der Bundesregierung

Medien und Politik in Deutschland diskutieren über ein angebliches Impfversagen, fehlende Schnelltests und die richtige Corona-Strategie. Tatsächlich geht es der Regierung darum, die bestehenden Maßnahmen ganz leise und schleichend immer weiter zu verlängern – und zu verschärfen.
Kein Impfzwang? Die Salamitaktik der BundesregierungQuelle: www.globallookpress.com © Joerg Boethling via www.imago-images.de

von Felicitas Rabe

Die Entscheidung der Bund-Länder-Beratungen vom 3. März über die vorgesehenen unterschiedlichen Rechte von Menschen mit und ohne tagesaktuellen negativen Corona-Schnelltest markieren den Beginn einer Zweiklassengesellschaft, aufgeteilt nach  unterschiedlichen biologischen Merkmalen.

Seit der Ausrufung der Pandemie werden die vorgesehenen Bekämpfungsmaßnahmen schrittweise verschärft. Dabei handelt es sich um einen auffallend schleichenden Prozess bei der Aufhebung von Bewegungsfreiheit, Meinungsfreiheit, körperlicher Selbstbestimmung und schließlich auch bei der Aufhebung der Gleichbehandlung.

Die Bürger-Frösche werden nicht direkt ins heiße Wasser geworfen – stattdessen wird das Wasser so langsam erhitzt, dass die Frösche es erst merken werden, wenn es zu spät ist. Es entsteht der Eindruck eines "Try-and-Error-Spiels", bei dem die Regierenden die rote Linie der Bürger erkunden und diese so nach und nach ins Abseits verschieben. Wobei angebliche Lockerungen der Pandemie-Maßnahmen sich bei genauerer Betrachtung auch als Verschärfung von Kontrolle und Einschränkung erweisen.

Zu Beginn des zweiten "Lockdowns" wurde Anfang November 2020 von der Bundesregierung mitgeteilt, dass die erneuten Schließungen von Gastronomie, Sport und Kultur nur für einen Monat, also bis zum 8. Dezember gelten würden. 

Bei der Verlängerung der Maßnahmen bis zum 20. Dezember wurden weitere Verschärfungen eingeführt: Maskenpflicht im Schulunterricht ab der siebten Klasse, Schnelltestpflicht für Schüler, Zwei-Haushalte-Regelung. 

Es wurde den Bürgern jeweils in Aussicht gestellt, dass die Einhaltung dieser Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionsgefahr und damit zur Beendigung des Lockdowns führen könnte. Assoziationen an die Versprechen der Kindheit wurden geweckt: Wenn ihr alle brav seid, schenkt das "Christkind" euch Lockerungen gemäß eurer Grundrechte zurück.

Diesem Bild entsprechend würde dann auch die Impfung "auf dem Gabentisch" liegen. Dass die Bürger im ersten "Lockdown" außerdem die Erfahrung gemacht hatten, dass so ein harter "Lockdown" nur für ein paar Wochen angeordnet wird, trug vielleicht auch dazu bei, warum sie die Verordnungen im zweiten "Lockdown" diszipliniert umsetzten.

Ab November trugen sie an vielen Orten Masken – im öffentlichen Raum, im öffentlichen Bus- und Bahnverkehr, in Lebensmittelgeschäften – und feierten Weihnachten nur im kleinsten Familienkreis. Sie trugen die Masken sogar auf Anti-Maßnahmen-Demonstrationen. Trotzdem wurde der Lockdown bis zum 10. Januar verschärft und verlängert

Mittlerweile wurde ab Mitte Dezember wieder der komplette Einzelhandel mit Ausnahme der Lebensmittelgeschäfte geschlossen. Der auf zynische Weise verwendete Begriff "Lockdown" entstand übrigens um das Jahr 1973 in US-amerikanischen Haftanstalten und bezeichnete ursprünglich das Einschließen der Insassen in ihre Zellen und die Einschränkung jeglicher Bewegungsfreiheit.

Um die Infektionsschutzmaßnahmen auch gesetzlich zu legitimieren, änderte die Bundesregierung im November 2020 das Infektionsschutzgesetz. Dabei erhält der Gesundheitsminister zeitlich nun jeweils auf drei Monate beschränkt neue Entscheidungsbefugnisse bei der Einschränkung der Bürgerrechte. Das Parlament hat in dieser Lage dabei nur noch Mitspracherechte. Unter Juristen ist umstritten, ob es sich hier nicht um eine neue Maßnahme der Quasi-Parlamentsentmachtung aktuell mit jeweiliger Verlängerungsoption um drei Monate handelt.

Parallel dazu wird der zweite "Lockdown" noch immer mit der Inaussichtstellung, dass die Einhaltung der jeweils neuen Maßnahmen zu Lockerungen führen wird, auch im Jahr 2021 immer weiter verlängert: zuerst bis Mitte Januar, dann bis Mitte Februar, anschließend bis Mitte März und nun bis Ende März.

Wenn bei der Auswertung der Maßnahmen am Ende der versprochenen Frist die Ergebnisse als unzureichend bezeichnet werden, macht man seitens der Politik trotzdem noch mehr von demselben: noch mehr Einschränkungen und Kontrolle – alles im Namen der Pandemie-Einschränkung. Inzwischen dürfen sich die Bürger an den genannten Orten sogar nur noch mit medizinischen Masken aufhalten, obwohl sich der Bundesgesundheitsminister zu Beginn der Pandemie gegen jegliche Maskenpflicht ausgesprochen hatte.

Die offensichtliche Salamitaktik der Maßnahmenverschärfungen und -verlängerungen wird in Deutschland durch scheinbare unterschiedliche Strategien der Ministerpräsidenten und regionale Sondermaßnahmen vernebelt. Damit kann man Diskussions- und Ablenkungsdebatten in der Bevölkerung erzeugen. 

Und dabei wird die Lockerungs-Möhre den Bürgereseln mittlerweile seit fünf Monaten vor deren Nasen gehalten und so langsam das Lebenswerk und die Ersparnisse des deutschen Mittelstands vernichtet. Wie lange wird es noch dauern, bis diese Menschen ihr Eigentum für 'nen Appel und 'n Ei verkaufen müssen? Und wer wird davon profitieren?

Am 3. März wurden in Deutschland nach fünf Monaten des zweiten "Lockdowns" – im weltweiten Vergleich einer der längsten Wirtschafts-"Lockdowns" überhaupt – von der Bundeskanzlerin neue Versprechen gemacht. Bei weiterer gehorsamer Befolgung aller Abstands- und Maskenregeln könnte eventuell ab Ende März als konkrete Lockerung die Außengastronomie mit Auflagen geöffnet werden.

Der weichgekochte Bürger-Frosch merkt schon fast nicht mehr, dass mit den Auflagen für die Lockerung wieder eine grundsätzlich neue Verschärfung eingeführt wird. Es sollen nur diejenigen Personen im Restaurant essen dürfen, die sich an dem Tag testen lassen und einen Termin buchen. 

Im vergangenen Sommer reichte es noch aus, Kontaktdaten im Restaurant anzugeben. Statt einer Maßnahmenlockerung gibt es also in Wirklichkeit wieder eine neue Maßnahme. Damit werden wir im nächsten Schritt daran gewöhnt, uns mit biologischen Merkmalen auszuweisen, um gesellschaftliche Teilhabe zu erfahren.

Gleichzeitig kann die damit verbundene inflationäre Testerei auch wieder zu einer steigenden Anzahl von positiven Testergebnissen führen. Denn die Testungen finden auch bei bereits geimpften Personen weiter statt. Laut AstraZenecas Informationsbroschüre für Ärzte können mit dem Impfstoff des Unternehmens geimpfte Menschen positiv auf die neuen Antikörperschnelltests reagieren.

Die Undurchschaubarkeit bei der Aufrechnung der positiv Getesteten trägt zu einem kontinuierlichen Perpetuum mobile der Pandemie bei. Mehr Positive: mehr Maßnahmen – noch mehr Positive: noch mehr Maßnahmen. Die erhöhte Positivenrate kann auch wieder als Druckmittel für die Impfung genutzt werden, wobei die mit AstraZeneca Geimpften wieder zusätzliche positive Tests ergeben.

Mit der Taktik der schleichenden Einführung von Verschärfungen wachsen mittlerweile die Zweifel an der Aussage von Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel, es würde zu keiner Zwangsimpfung kommen. Es gibt schließlich offiziell aktuell auch keine Zwangstestung. Aber nach der aktuellen Aussage der Bundesregierung darf man perspektivisch womöglich nur mit einem negativen Test an der Arbeits- und Freizeitgesellschaft teilhaben.

Die Befürchtung liegt nahe, dass diese Teilhabeeinschränkungen entsprechend der Salamitaktik schließlich auch für die Ungeimpften eingeführt werden könnten. Scheinbar sollen die Bürger jetzt in fortlaufenden Schritten daran gewöhnt werden, nur noch bei dem Nachweis bestimmter biologischer Merkmale soziale Teilhabe erfahren zu dürfen. In Israel dürfen zum Beispiel aktuell nur geimpfte Menschen, die dazu noch eine Gesichtsmaske tragen, ein Konzert besuchen.

Auf dem EU-Gipfel wurde im Februar der digitale Corona-Impfpass beschlossen. Verschiedene Mitgliedsländer pochen bereits darauf, dass man zukünftig nur noch mit einer nachgewiesenen Impfung verreisen darf. Hier könnte man argumentieren: Auf Reisen könne man verzichten, und daher handele es sich nicht um Impfzwang. Aber wie sähe es aus, wenn man nur noch mit einer nachgewiesenen Impfung an Arbeits- und Freizeitaktivitäten teilnehmen dürfte? Der Verzicht auf die Impfung würde in dem Fall schon eine nicht unerhebliche Einschränkung an der gesellschaftlichen Teilhabe darstellen.

Ungeimpfte Menschen würden sich sicher in dem Fall, dass sie ohne Impfung ihre Arbeit nicht mehr aufsuchen dürfen, sehr wohl gezwungen fühlen, sich impfen zu lassen. Auch wenn sie nach dem Verlust ihres Arbeitsplatzes dann hoffentlich trotzdem noch ALG I oder II beantragen könnten, fällt es schwer, diesen "Kollateralschaden" unter "Es gibt keinen Impfzwang" zu subsumieren.

Welchen Bestand hätte die angenommene Freiwilligkeit der Impfung, wenn man ungeimpft auch nicht mehr in Lebensmittelgeschäften einkaufen dürfte? Nun, da könnte man immer noch behaupten, man könnte sich die Lebensmittel ja schließlich im Internet bestellen.

Grenzwertig wäre es vermutlich für viele Bürger, wenn angeordnet würde, dass ungeimpfte Personen ihre Wohnung nicht mehr verlassen dürften. Hier würden sich doch schon sehr viele Menschen zur Impfung gezwungen sehen.

Allerspätestens dann, wenn Bürger ohne Impfung in speziell ausgewiesene Quarantänezentren verbracht werden könnten, dürfte man aber doch wirklich nicht mehr von einer Freiwilligkeit der Impfung sprechen. In Spanien wurde noch Ende Dezember von der Nationalregierung bestätigt, dass es keine Impfpflicht geben wird.

Jetzt kündigte vor ein paar Tagen die Regionalregierung von Galizien an, eine Impfpflicht einzuführen. Impfverweigerer sollen bis zu 60.000 Euro Strafe zahlen. Gleichzeitig gibt es Pläne, ein landesweites Register für Ungeimpfte einzurichten.

Im Corona-Ausschuss vom 5. März wies der spanische Arzt Dr. Ruiz-Valdepeñas darauf hin, dass in seinem Land auch schon Quarantäne-Zentren für Impfverweigerer eingerichtet würden. Dieser Arzt wurde aufgrund kritischer Äußerungen zu den Corona-Maßnahmen von seiner Arbeit im Krankenhaus suspendiert.

Man kann sicher davon ausgehen, dass die deutsche Bundesregierung schon seit einem Jahr daran arbeitet, fortlaufende Szenarien für den Umgang mit der COVID-19-Pandemie zu entwickeln. Wahrscheinlich wurde auch bereits geplant, wie weit man hierzulande mit den Auflagen für ungeimpfte Bevölkerungsanteile gehen wird.

Für die Bürger dieses Landes wäre es daher anstelle von fortgesetzter Salamitaktik sinnvoll, jetzt schon zu erfahren, welche Maßnahmen im weiteren Prozess für die ungeimpften Bürger eingeführt werden sollen. Man sollte wissen, was man am Ende zu erwarten hat, falls man plant, sich nicht impfen zu lassen.

Wobei es nicht so aussieht, als würden die Maßnahmen nach der Durchimpfung der deutschen Bevölkerung beendet werden. Schließlich tragen die geimpften Konzertbesucher in Israel auch immer noch ihre Masken.

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