Verlassene Bosch- und Ariston-Fabriken werden auch ohne westliche Eigentümer weiterlaufen
Von Jewgeni Posdnjakow
Der russischen Firma Gazprom Bytowye Sistemy (Gazprom-Haushaltssysteme) wurden 100 Prozent der Anteile am russischen Geschäft der italienischen Heiztechnik-Firma Ariston Thermo und des Münchner Haushaltsgeräte-Herstellers BSH Hausgeräte GmbH (ehemals BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH) zur vorübergehenden Verwaltung übertragen. Das entsprechende Dekret wurde am Freitag von Wladimir Putin unterzeichnet.
Beide Unternehmen verzeichneten im Jahr 2023 schwere Verluste, ihr Betrieb wurde nach dem Beginn der speziellen Militäroperation Russlands in der Ukraine praktisch eingefroren.
Zur Erinnerung: Gazprom Bytowye Sistemy ist Teil der gleichnamigen öffentlichen Aktiengesellschaft. Auf der Website des Unternehmens ist zu lesen, dass die Holding als größter Hersteller von Gasgeräten in Russland gilt. Seine Produkte (u.a. auch Kochherde) werden unter den Typenbezeichnungen Darina, Tessa, Flama, Lada und Terra hergestellt und vertrieben.
Ariston Thermo Rus wiederum befand sich im Besitz des italienischen Unternehmens Ariston Holding. Nach Auskunft der Unternehmensgruppe RosBusinessConsulting (RBC) wurde das Unternehmen 2002 in Wsewoloschsk im Gebiet Leningrad registriert. Das Unternehmen ist auf die Herstellung von elektrischen Haushaltsgeräten spezialisiert. Im Jahr 2023 sank der Nettogewinn des Unternehmens um 82 Prozent auf 33 Millionen Rubel. Gleichzeitig stiegen die Gesamteinnahmen um 5 Prozent auf 9,4 Mrd. Rubel.
Ein weiterer Vermögenswert, der von Gazprom übernommen wurde, heißt BSH Haushaltgeräte, ein Unternehmen der BSH Hausgeräte GmbH, ihrerseits Tochtergesellschaft der deutschen Firma Bosch. Das Unternehmen wurde 2005 in Sankt Petersburg registriert und verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang um 92 Prozent auf 2 Mrd. Rubel.
Im Jahr 2022 hatte Bosch sieben Produktionsstätten in Russland, jedoch wurden dort alle Aktivitäten nach dem Beginn der speziellen Militäroperation Russlands eingestellt. Zwei Jahre lang versuchte das deutsche Management, Käufer für seine Betriebsstätten zu finden, wie RBK in einem anderen Artikel berichtet. Zwar konnten einige der Betriebe an russische Unternehmer veräußert werden, aber eine beträchtliche Anzahl von Produktionsstätten befindet sich immer noch im Stillstand.
Die Entscheidung, diese Vermögenswerte der ausländischen Unternehmen auf Gazprom zu übertragen, löste in Italien eine negative Reaktion aus. So ordnete der italienische Außenminister Antonio Tajani an, den außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter Russland in Italien und für San Marino, Alexei W. Paramonow, einzubestellen, um die Situation zu erklären. Nach seinen Angaben werde nun in Rom, Berlin und Brüssel derzeit eine gemeinsame Reaktion auf das Vorgehen Moskaus erarbeitet.
Diese Ereignisse finden vor dem Hintergrund statt, dass gerade erst das US-Repräsentantenhaus die Konfiszierung von russischen Vermögenswerten zugunsten der Ukraine billigte. Es handelt sich dabei um Werte in Höhe rund fünf Milliarden US-Dollar, die offiziell der Russischen Föderation gehören. In der G7, deren Vorsitz Italien in diesem Jahr innehat, werden bereits Mechanismen für die Verwendung der "eingefrorenen" russischen Vermögen erörtert. Zuvor hatte man in Rom erklärt, es werde aktiv an Versuchen zur Umsetzung dieses Projekts gearbeitet, meldete TASS.
Obwohl die Chefin der russischen Zentralbank Elwira Nabiullina darauf hinwies, dass die Entscheidung in Washington, D.C. keine negativen Folgen für die finanzielle Stabilität Russlands habe, reagierte man in Moskau äußerst sensibel auf die Äußerungen aus den USA. So räumte das russische Außenministerium die Möglichkeit ein, den Grad der diplomatischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika weiter zu senken, sollte diese Initiative tatsächlich umgesetzt werden.
Darüber hinaus schlug Dmitri Medwedew als stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates vor, in die Gesetzgebung die Regelung aufzunehmen, dass das Vermögen von Personen aus unfreundlichen Ländern beschlagnahmt werden kann. Seiner Meinung nach würde dies dazu beitragen, das Praktizieren von Beschlagnahmungen zum Vorteil für Russland zu wenden. In seinem Telegram-Kanal schrieb er, Moskau werde Washington eine schmerzhafte Antwort geben.
Experten stellen fest, dass sich die Übertragung der Vermögenswerte der beiden ausländischen Unternehmen auf Gazprom nicht nur auf die wirtschaftliche, sondern auch auf die soziale Lage in Russland positiv auswirken werde. Die Wiederaufnahme der Produktion in diesen Unternehmen wird mehr Arbeitsplätze schaffen. Darüber hinaus wird es möglich sein, eine klare Antwort auf die unrechtmäßigen Handlungen der westlichen Länder zu geben.
Konstantin Dolgow, der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaftspolitik beim russischen Föderationsrat, erklärt:
"Gazprom ist eine solide unternehmerische Einheit. Der Transfer von Vermögenswerten an sie zur Verwaltung wurde als die wirtschaftlich sinnvollste Lösung erkannt. Dies ist die absolut richtige Antwort Moskaus auf das Vorgehen des Westens in Bezug auf das russische Staatsvermögen. Diese westlichen Schritte liegen außerhalb des rechtlichen Rahmens und kommen einem echten Diebstahl gleich."
Das Wichtigste in dieser Situation sei, dass die russische Wirtschaft funktioniert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Ariston habe den russischen Markt faktisch bereits verlassen und habe Vermögenswerte, Produktionsanlagen und Fachkräfte aufgegeben. Es sei klar, dass Russland nicht zulassen könne, dass die Arbeiter dieser Fabriken ohne Einkommen bleiben. Außerdem sei es frevelhaft, die Tätigkeit von guten Fabriken auf Eis zu legen, ergänzte Dolgow. Mit Blick auf die italienische Regierung hält er fest:
"Die Position der italienischen Regierung in Bezug auf den Diebstahl russischer Vermögenswerte wirkt sehr provokativ. Es ist immer noch schwierig vorherzusagen, welche anderen ausländischen Vermögenswerte von unseren inländischen Unternehmen übernommen werden. Ich denke, unsere staatlichen Stellen werden sich in naher Zukunft mit diesem Thema befassen. Der Prozess wurde in Gang gesetzt, und niemand wird ihn aufhalten."
Die Entscheidung, die Vermögenswerte von Ariston und BSH auf Gazprom zu transferieren, kommt zur rechten Zeit, stimmte der Ökonom Iwan Lisan Dolgow zu:
"Das Unternehmen verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Herstellung von Haushaltsgeräten. Seine Produkte sind auf den Märkten Russlands und Weißrusslands sehr gut positioniert. Generell etablierte sich das Unternehmen als verantwortungsbewusster Akteur."
Die neuen Kapazitäten werden es Gazprom ermöglichen, zusätzliche Produktionsstätten zu erwerben, lobt dieser Experte. Dies werde sich positiv auf das Handelsvolumen künftiger Produkte und damit auf die Gesamtumsätze auswirken. Darüber hinaus habe die Entscheidung auch einen sozialen Aspekt:
"Trotz aller Turbulenzen in den internationalen Beziehungen werden die Menschen in den derzeit stillgelegten Betrieben ihre Arbeitsplätze behalten", so Lisan.
Auch die in Russland ansässigen Fabriken von Bosch seien praktisch stillgelegt gewesen, fährt er fort. Ihr Betrieb wurde eingefroren, und die deutschen Manager versuchten dringend, einen Käufer für diese umfangreichen Vermögenswerte zu finden. Der Prozess habe sich in die Länge gezogen, und es sei töricht, moderne Werkstätten mit eingestelltem Personal untätig zu halten, betont der Ökonom und zieht dieses Fazit:
"Daher scheint diese Praxis der keineswegs schmerzhaften Transferierung von Vermögenswerten zu Gunsten lokaler Unternehmen der einzig richtige Ausweg zu sein. Alles ist auf zivilisierte Weise geschehen: Die ausländischen Eigentümer verlieren nicht ihre eigenen Rechte an ihren Betrieben, aber einige Managementfunktionen werden ihnen entzogen. Russland profitiert von einem solchen Ausgang."
Er rechnet damit, dass die Regierung diesen Ansatz auch in Zukunft beibehalten wird. Es sei jedoch ratsam, in jedem einzelnen Fall vorsichtig zu handeln und alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen, bevor man den Prozess der Vermögensübertragung beginnt. Viele Unternehmen seien in Russland weiterhin unter lokaler Geschäftsführung tätig. In Bezug auf diese lohne es sich, zurückhaltend und punktuell zu handeln.
Was die Reaktion des italienischen Außenministeriums auf die Geschehnisse angeht, so sollte das Vorgehen in Rom nicht zu ernst genommen werden, sagt Lisan. Ihr Eigentum in Form der Ariston-Gruppe geriet unter wirtschaftlichen Druck. In diesem Fall werde jede diplomatische Abteilung versuchen, den vermeintlichen Übeltäter zu ermahnen. Dies werde keine weitergehenden Folgen haben, zeigt sich der Experte überzeugt.
Übersetzt aus dem Russischen und am 27. April 2024 zuerst in der Zeitung Wsgljad erschienen.
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